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Bausteine zur Geschichte unserer deutschen Siedlungen,
Deutscher Kalender für die Bukowina für das Jahr 1935

Alfred Klug, (Czernowitz: Deutscher Kulturverein für die Bukowina, 1935), S. 51-63.

(This article in english

       Unter diesem Titel will ich alte Auszüge aus pfarrämtlichen Büchern, Briefe usw., die auf die deutschen Siedelungen in der Bukowina Bezug haben, mitteilen, wie sind mir Forschung oder Zufall in die Hände spielen. Sie sollen eine wichtige Ergänzung, ev. Berichtigung der bisher im Drucke erschienenen Siedlungsgeschichten sein, unter denen die von Kaindl die bedeutendste ist.

I.

     Ich beginne mit einem Dokumente, das mir Herr Mathias Lang zur Verfügung gestellt hat. Sein Grossvater Johann Lang war mit seinem Sohne Johann aus Deutschböhmen in die Bukowina eingewandert, kaufte vier Jahre später für seinen Sohn das Grundstück und Haus, von dem im Dokument die Rede ist, und ermöglichte es ihm auf diese Weise, am 31. Oktober 1842 die Kolonistentochter Katharina Schaffhauser als Frau heimzuführen. Aus dieser Ehe stammt Mathias Lang.

     Das Schriftstück ist in vieler Hinsicht recht interessant, es gewährt einen guten Einblick in manche Lebensbedingungen jener Zeit, die schon fast hundert Jahre hinter uns liegt. Auf gutem Papier, auf das ein Stempel “30 Kreuzer” wir bei einem Wechsel eingeprägt ist, enthält es in dem damals gebräuchlichen Kanzleideutsch alle Bestimmungen, wie sie die Jurisdiktion jener Zeit verlangte. Die Schrift ist ausserordentlich deutlich und sauber, ein gewisser Anton Schreiner hat sich am Schlusse als Schreiber (“Namensfertiger”) vorgestellt. Ich veröffentliche das Dokument in der Rechtschreibung des Originals; gesperrte Schrift soll anzeigen, dass das betreffende Wort im handschriftlichen Text unterstrichen ist.

ÜBEREINKUNFT

Welche einer Seits, zwischen dem deutschböhmischen Ansiedler zu Bori1 Joseph Binder, und anderer Seits, dem Johann Lang, Ansiedler von eben daselbst, an dem unten gesetzten Tage und Jahre, wegen Abtretung einer Ansiedlungswirthschaft u. Ablösung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude durch Vergütung der Bau- und Cultur-Kosten, unter Festsetzung folgender Punkte, geschlossen wurde:

     Erstens überlässt der Joseph Binder, die in der deutschböhmischen Ansiedlung Bori, sub Cons. Nr.2 141, liegende Haus- und Grundwirtschaft, welche in einem von Rundholze, auf eine Steinunterlage landartig aufgeführten Wohngebäude, von ein Zimmer und ein Vorhaus, einen unter einem Dache, auf zwei Hornviehstücke eingerichteten Stall, und einer im Hofraume besonders befindlichen kleinen Schoppen,3 ferner den, bis zu der, von Seiten der höchsten  Kaisl. Königl. Hofkammer erfolgenden Entscheidung, sub spe rati4 zugetheilten, an den Wohn- und Wirthschaftsgebäuden anstossenden Garten, und auswärts liegenden Feld-Parzellen, dann den, mit Einschlug derer nachdem hohen Ausspruche in Allem zugemessen werdenden dreissig Joch Grund bestehet, dem Johann Lang in einen unterthänigen Besitz mit allen Rechten und Lasten, gegen Vergütung der, auf den Gebäudebau, dann die Grundreinigung und Rottung5 gehabten Auslagen, und zwar: für die Erbauung des Wohnhauses sammt den Wirthschaftsgebäuden: 30fl6; die Reinigung des Gartengrundes, und der hinter der Ansiedlung zugewiesenen Parzelle: 15 fl.; die Rottung der als Feldgründe provisorisch zugewiesenen Waldabschnitte in den Rieden Rippa Rosch und  Dialu Woronetz: 20 fl.; und den bisher geleisteten Weg- und Brückenbau, dann Reparatursbeiträgen: 15 fl.; überhaupt von 80, Sage: achtzig Gulden in Conventions-Münze.

     Zweitens: Wird der Übernehmer der Ansiedlungswirtschaft Johann Lang, verbindlich gemacht, bei Ausfertigung des gegenwärtigen Dokumentes, die Halbscheid von dem ausbedungenen Vergütungsbetrag von 80, Sage: achtzig GuldenCMze7, mit 40, Sage: vierzig Gulden, und die andere Hälfte mit 40, Sage vierzig Gulden in CMze nach erfolgter Bestätigung dem Überlasser Joseph Binder bar auszuzahlen; und es hat die Fertigung desselben, zugleich die Stelle einer Bescheinigung über die Richtigkeit der geschehenen Zahlung zu vertreten.

     Drittens: Hat nach Erfüllung des vorhergehenden Punktes und Richtigstellung der Urkunde der Johann Lang in den Besitz des Hauses, und der provisorisch zugetheilten Garten- und Feldgründe einzutreten; und der Joseph Binder begibt sich jedes ferneren Anspruches auf die im Ablösungswege abgetretene Ansiedlungswirthschaft.

     Viertens: Sämmtliche, auf den Haus- und Grundbesitz derzeit notierten und in der Folge vorgeschrieben werdenden landesfürstlichen Steuern, grundherrlichen baren und Naturschuldigkeiten, selbe mögen in Robot, Zinsen oder was immer bestehen, sowie alle Gemeindelasten, als Militaire Einquartierungen, Unterhaltung des Richters, Nachtwachen, gemeinschaftliche Rottungen, Wege- und Brückenaufbauungen, dann Reparaturen, so auch welch immer für Arbeiten, sind von dem Übernehmer, Johann Lang, zuleisten und zutragen, und eben so alle Verpflichtungen, die im Grunde des, mit der Grundherrschaft geschlössenen Vertrages stipuliert worden sind, ohne Widerrede zu erfüllen.

     Fünftens: Zur Beseitigung jedes Besitzstreites wird der Haus- und Gartengrund, welcher in der Breite gegen die Dorfgasse und Wasserseite 22, Sage: zwei und zwangig, und in der beiderseitigen Länge 90, Sage: neunzig Wiener current Klaftern8 misst, dem Übernehmer Johann Lang, nach den bestehenden Grenzen übergeben; und es raine derselbe gegen Osten an den Ansiedlungsbesitz des Insassens Johann Haas, gegen Süden, an den, des Christoph Maidl, gegen Westen, an den Weg des Dorfes, und gegen Norden an den Bach Humora.9 Die Grenzen der in den Waldabschnitten Rippa Rosch und Dialu Woronetz; dann hinter der Dorfslage, zur Ergänzung der geringeren Garten Parzelle, zugetheilten Feldgründe, können in dem gegenwärtigen Dokumente aus dem Grunde nicht angeführet werden, weil der Besitz bis zur hochortigen Entscheidung, nur provisorisch übertragen wurde.

     Sechstens: Ist die gegenwärtige Urkunde, zur Genehmhaltung der getroffenen Übereinkunft, dem löblichen Kaisl. Königl. Solkaer respirierenden Cameral Wirtschaftsamte, und nach erfolgter Gutheissung, zur Gestätigung dem löblichen Kaisl. Königl. Gurahumoraer Cameral Mandatariat, als Grundherrschaft vorzulegen.

Urkund dessen, haben sich die beiden Theile, die zu diesem Acte erbetenen Zeugen, und der Ortsvorstand, theils eigenhändig und theils mit Beifügung des Kreuzzeichens, dann Beidrückung des Dorfsiegels gefertigt.10

 Ansiedlung Bori, den 1sten Februar 1840.

Johann Lang (e. h.) Deutschböhmischer Ansiedler als Übernehmer

+ Josef Binder, Deutschböhmischer Ansiedler, als Überlasser

Namensfertiger: Franz Klostermann (e. h.) als Zeuge; Anton Schreiner (e. h.), Christoph Maidl (e.h.) Namensfertiger;  Josef Schafhauser (e.h.) Ortsrichter; Johann Haas (e.h.), Zehentmann.

Sämtliche deutschböhmische Ansiedler zu Bori.

Nr. 1328.

Vorstehende Übereinkunft wird von Seite des K. K. Kameral Mandatariats im Grund der Weisung des Löblichen K. K. Wirthschafts-Amtes in Solka dto 6. August 1841 Zahl 2359 mit dem Beisatze seinem ganzen Inhalte nach bestättigt, dass der Übernehmer des Joseph Binderischen Ansiedlungsplatzes Johann Lang, bei dem Umstande als die stabile Dotierung der Ansiedler aus Bori noch nicht von hohen Orten genehmigt ist, falls dessen stabile Dotirung bewilligt werden sollte, alle auf die Ansiedlungs-Dotation von hohen Orten festgesetzt werdende obrigkeitlichen Gültigkeiten unweigerlich leisten, im widrigen Falle der Grund ohne allen Ersatzanspruch räumen müsse.

Kammeral Mandatariat Gurahumora.

Kammeral Mandatariat. Gurahumora am 25ten August 1841.

L.S. (Unterschrift nicht ganz deutlich, etwa) Uhligkmann.

           II.

     Ausser dem obigen Dokumente übergab mir Herr Mathias Lang auch ein Schulzeugnis seines Vaters, der im Jahre 1820 in Böhmen zur Welt gekommen war. Das Zeugnis hat folgenden Wortlaut:      

Johann Lang, Schüler der zweiten Klasse der Pfarr- und Trivialschule zu Maurenzen, hat die Schule daselbst sehr fleissig besucht, in seinen Sitten sich sehr gut und ohne Tadel verhalten und die vorgeschriebenen Gegenstände folgender Art erlernt.

Die Religion                                               sehr gut

Das Lesen

                Deutsch                                     sehr gut

                Latein                                        sehr gut

                geschrieben                               sehr gut

Das Schönschreiben

                current                                      sehr gut

    Kanzellei                                   sehr gut

Das Rechnen                                             sehr gut

Das Rechtsprechen                                    sehr gut

Das Recht- und Diktandoschreiben            sehr gut

Die Anleitung zu schriftlichen Aufsätzen      sehr gut

     Er verdient daher mit Vorzug in die erste Klasse gesetzt zu werden.

     Maurenzen den 29ten April 1835

     Johann Jatych (?) (e.h.)                                 Johann Zimmer (e.h.)

     Katechet                                                      Schullehrer

   Unter dem Namen des Schullehrers befindet sich sehr gut erhalten in Siegellack die Initiale JZ.

          III.

     Ich veröffentliche jetzt drei Gesuche, die die Gemeinde Pojana Mikuli (Poiana Mikului, Buchenhain) im Jahre 1847 und 1848, das letztes in Verbindung mit den deutschböhmischen Siedlern von Bori und Schwarztal an seine Majestät den Kaiser Ferdinand I gerichtet hat. Abgesehen von dem historischen Werte dieser Dokumente, die ich bei meinen Forschungen im Czernowitzer Staatsarchiv gefunden haben, besitzen sie für uns noch eine zweifache Bedeutung. Es wird nämlich vielfach behauptet, dass die deutschen Ansiedler gegenüber der autochthonen Bevölkerung, sehr bevorzugt worden sind. Liest man aber diese erschütternden Klagen, so wird man gewiss nicht so rasch ein falsches Urteil fällen.

     Dann aber sollen diese Dokumente unseren deutschen Ansiedlern ein Trost und ein Ansporn sein. Ein Trost: man klagt heutzutage sehr viel über die Not des Bauernstandes. Vernehmen wir aber diese Bitten, so sehen wir: damals lebten sie noch schwerer als heutzutage und haben doch mit eiferner Sparsamkeit alle Schwierigkeiten überwunden und ihren Enkeln stattliche Anwesen vermacht. Und noch etwas: trotz alle Not haben sie die Schule hochgehalten. Aus eigener Tasche haben sie den Lehrer bezahlt, haben ein Schulhaus erbaut, nur damit sie den Kindern die notwendige Schulbildung verschaffen können. Solche Beispiele von Opferfreudigkeit für kulturelle Zwecke sollten hochgeschätzt und – nachgeahmt werden, was leider in einzelnen Gemeinden heutzutage nicht der Fall is.

     Das erste Gesuch ist in einem ganz besonders schlechten Deutsch geschrieben, die Redewendungen wirken mitunter unwillkürlich komisch. 

Eure Majestät!

     Überzeugt von der Milde und hohen Gnade Eurer Majestät werfen wir uns abermals11 alltreugehorsamste Unterthanen von Pojana Mikuli zu dem allerhöchsten Throne Eurer Majestät und breiten unsere demuthsvolle Bitte in allerschuldigster Unterthänigkeit mit der grössten Hoffnung, diesmal nicht unerhört von allerhöchsten Throne, zu Eurer Majestät Füssen vor.

Nicht nur die traurige Lage der Ansiedlung von Pojana Mikuli schon, aber nun auch schon jetzt gegenwärtig äusserst grosse und herrschende Noth, welche das traurig missgerathene Jahre 1847 hervorrachte, macht uns, Eure Majestät, zu dem erbarmungswürgisten Umstande des Bedauerns, denn nicht nur, wie schon bereits die traurige Lage und Art der tiefgebeugten Bewohner allhier in der unterthönigsten Bittschrift dto. 23. Februar 1846 ad erga Retur Recepisse ausweist, aber auch zum grössten Erbarmen aller Ansiedler das verflossene missgerathene Jahr uns all unsere Nahrung verdarb und wir nun dem äussersten Hunger preisgegeben sind.  Da nicht nur schon das kalte Klima der Lage von Pojana Mikuli von sich selbst, aber auch die umschliessende, noch nicht gerottete Waldung verbiethet, äusserst wenig andere Feldfrüchte als Erdäpfel anzubauen, so wandten wir alltreugehorsamste Unterthanen allen Fleiss an, selbe zu unserem Bedarfe anzustecken; allein leider Gott nicht nur zum Theile, wir an anderen Orten, sondern fast gänzlich verfaulten uns selbe hier, wo wir zum täglichen Bedarfe fast gar keine haben. Ausser der nun jetzt geschilderten höchst traurigen Lage, macht uns auch die Erhaltung der Czardaque Nr. 4612 einen sehr herben Kummer; denn obwohl wir selbe schon bereits über ein Jahr erhalten, und uns selbe grosse Kosten verursacht hatte; wir nun, ungeachtet unseres guten Willens nicht vermögend im Stande sind, selbe ins Künftige aus Ursache unserer grossen Armuth zu erhalten. Auch ist wieder der winter hier und wir werden zum Klafterschlagen schon zum 3ten Mahle angehalten, wo wir auch schon selbe durch 2 Jahre thun mussten, was wir kaum, ohne Nahrung, entblösst von Kleidung, mit ohnehin schwachen Kräften auszuhalten nicht im Stande sind.13

Und nun voll grosser Hoffung, diesmahl nicht unerhört wegzugehen, werfen wir uns alltreugehorsamste Unterthanen zu Eurer Majestät Füssen, als unserem gütigsten und barmherzigsten Landesvater, nieder, und bitten mit emporgehobenen Händen um eine unparteiische Commission, welche uns besichtigen und unsere bedrängte Lage anschauen möge; denn ausser der zweiten eingereichten Bittschrift an Eure Majestät, haben wir noch keinen anderen gnädigen Bescheid erhalten, als den, mit dem Erlasse der höchsten K.K. Hofkanzlei dto Wien 20ten Dezember 1846 Zl. 41.646/2580 und in Folge hoher Gubernial Indorsates vom 18. Jänner 1847 Zl. 777/49, welcher Bescheid, der ja dieser Angelegenheit obschwebenden Verhandlung in Geduld abzuwarten uns bedeutet, und wo schon nun bereits über 10 Monathe verflossen sind, und wir kein anderes gnädiges Resultat erhalten haben.

Möge doch Eure Majestät, dem innigen Flehen und Bitten der armen Ansiedler ein gnädiges Ohr verleihen, uns die gebethene unparteiische Commission hersenden, und uns von höchst selben Throne nicht unerhört  fortgehen lassen; denn entfernt von unserem Vaterlande, setzen wir das grösste Vertrauen an unsern barmherzigsten und gütigsten Landesvater, der seine Kinder gewiss nicht verlassen wird, und die auch allezeit bereit sind, ihr Blut und Leben für einen so gütigen und liebevollen Vater aufzuopfern.

 Pojana Mikuli (Buchenhain) am 14sten Dezember 1847.

(Es flogten die Kreuzmale von zwölf slowakischen Einwohnern mit ihrem von Schreiber beigefügten Namen, ferner folgende deutsche, fast durchwegs eigenhändigt geschriebene Namen: Georg Neuburger, Thomas Hackel, Josef Binder, Jakob Kufner, Karl Reitmajer, Georg Binder, Ignatz Hackl, Wenzel Hackl, +Mathias Eigner.)

Unterschrieben ist der Akt von: Stefan Schuster, Ortsrichter und mit der Stampiglie: Gemeinde Buchenhain versehen.

      

GESUCH VOM 6. APRIL 1848

Eure Majestät!

     Kämpfend in der traurigsten Lage und von der Gerechtigkeit und Milde eines gütigen Monarchen überzeugt, haben wir uns alltreu gehorsamste Unterthanen in der Hoffnung unsere häuslichen Umstände zu verbessern unser vielgeliebtes Vaterland Böhmen verlassen und uns in die Bukowina begeben. Die grosse Gnade Eurer Majestät eine Ansiedlung hier zu erhalten wurde uns zu Theil; allein leider Gott, ist diese Ansiedlung hier so gestaltet, dass grosse Anstrengung des Körpers erfordert wird, um nur kaum mühsam leben zu können; denn nicht genug, dass schon das wilde Clima an sich selbst verbietet wenige andere Gattungen der Früchte ausser Erdäpfel anzubauen, so ist die Beschaffenheit der Ansiedlung dermassen gestaltet, dass die ganze Ansiedlung in einem dichten und dicken Walde mit der grössten Mühe kaum urbar gemacht werden kann. Doch dieses ist Eure Majestät nur ein Theil unserer armen Unterthanen Beschwerde; aber da wir erst das 6te Jahr angesiedelt sind, und alle diese Lasten und Schuldigkeiten, welche andere Gemeinden, welche gute Gründe haben, tragen müssen, kommt uns sehr hart an, denn nicht einmal haben wir wie andere Siedlungen Freijahre erhalten. Aus dieser Ursache haben wir alltreugehorsamste Unterthanen eine Bittschrift wie es erga Retur Recepisse dto 23. Februar 1846 und abermals dto 25. September 1846 ausweist, zu dem allerhöchsten Throne Eurer Majestät als zur allergnädigsten Einsicht in allerschuldigster Unterthänigkeit um die Befreiung des Klafterholzschlagens unterbreitet, allein wir hatten bis heutigen Tages die hohe Gnade und das grosse Glück nicht gehabt, einen gnädigen Bescheid zu erhalten.

     Ausser dieser höchst traurigen Lage, macht uns ärmsten Ansiedlern die Erhaltung der Czardaque 46 einen der grössten Kummer, denn dass wir uns mit unserer zahlreichen Familie in der äussersten Noth ernähren, hat man die Czardaque zur Erhaltung uns aufgebürdet.

     Auf die drei eingereichten Bittschriften an Eure Majestät haben wir nur den Bescheid mit dem Erlasse der höchsten Hofkanzlei dto Wien 20. Dezember 1846 Zl. 41646/2580 und in Folge hohen Gubernial  Indorsates vom 18. Jännuar 1847 Zl. 77749 erhalten, welcher Bescheid, der in dieser Angelegenheit abschwebenden Verhandlung mit Geduld abzuwarten, uns bedeutet.

Pojana Mikuli (Buchenhain) am 6ten April 1848.

(Es folgen zunächst die Namen von zwölf Slowaken, die durchwegs nur mit einem Kreuze sich unterfertigt haben, dann die Namen der deutschen Ansiedler,die mit einer einzigen Ausnahme eigenhändig sich unterschrieben haben.)

Adalbert Fuchs, Wenzel Hackel, Johann Beugel (?), Josef Binder, Georg Hellinger, Georg Neuburger, Mathias Eigner, Josef Hartinger, Emilian Baumgartner, +Josef Haiden (?), Josef Seidl, Konrad Stöhr, Stefan Schuster, Ortsrichter.

     In response to our three petitions submitted to Your Majesty, we have only received a reply with the decree of the highest Exchequer dated Vienna, December 26, 1846, Zl. 41646/2580 followed by the high gubernatorial endorsement of January 18, 1847 Zl. 77749, telling us patiently to await a decision in this matter.

     Pojana Mikuli (Buchenhain) on April 6, 1848.

(There next follow the names of twelve Slovaks, who all signed with a cross (), then the names of the German settlers who with one exception signed their names with their own hand: Adalbert Fuchs, Wenzl Hackel, Johann Beugel (?), Josef Binder, Georg Hellinger, Georg Neuburger, Mathias Eigner, Josef Hartinger, Emilian Baumgartner, Josef Haiden (?), Josef Seidl, Konrad Stöhr, Stefan Schuster, village mayor.)

     Am 23. August 1848 überreichten fast dieselben zwölf Slowaken, die sich auf dem obigen Gesuche unterschrieben hatten, durch den Abgeordneten Miron Czuperkowicz ein Gesuch an den Keiser, in dem sie ausführten, dass ihr “Leben allhier zum Erbarmen der Menschheit bestehe.”

     Dann heisst es weiter: “Ungeachtet der Versprechungen unserer löblichen Herrschaft Solka, uns mit einem förmlichen Kontrakte anzusiedeln, sehen wir der Erfüllung der selben schon 6 Jahre entgegen, und zu unserem grössten Leidwesen mussten wir auf unseren öfteren Nachfragen aus dem Munde unserer Löblichen Herrschaft erfahren, dass wir nur privat angesiedelt sind.14  Unsere Besiedelung Pojana Mikuli besteht aus 78 Hausnummern und zwar sind davon wir 36 Nummern die sogenannten Slowaken,15  deren Älteren von Ungarn vor beinahe 60 Jahre hier in der Bukowina angesiedelt wurden . . .(usw.)

     Das Gesuch ist uns deshalb wichtig, weil wir daraus ersehen können, dass im Jahre 1848 in Pojana Mikuli sich 42 deutsche Siedlungshäuser befanden.

       Als letztes Gesuch in dieser Reihe fand ich eine Bittschrift dto. Gurahumora, den 29. September 1848 an das österreichische Ministerium, das ähnliche Motive wie die früheren anführt. Diesmal aber verfassten es drei Gemeinden, nämlich Bori, Pojana Mikuli und Negrileasa, richtiger Vadul Negrilassa = Schwarztal. Im Dokumente wird der Ort auch “Vatra Negrilassa” genannt. Unterschrieben haben das Bittgesuch folgende Ansiedler:  Andreas Jung, Richter von Vatra Negrilassa; Wenzel Schafhauser; Josef Baar (vielleicht Beer); Wenzel Hilgarth, Ortsrichter von Bori; Christoph Maidl; Johann Haas; Johann Lang; Stefan Schuster; Ortsvorstand (von Pojana Mikuli); + Anton Iwaschko (?); Anton Tischler; Nikolaus Kuschamik (?)      

     IV.

     Die aus Böhmen eingewanderten Kolonisten mussten, trotzdem sie in selben Staate verblieben, einen eigenen Reisepass haben; sie hatten sich in gewissen Etappenstationen bei den betreffenden Gemeindeämtern zumelden, wo ihnen die nächste Meldestation vorgeschrieben wurde. Ich fand einen solchen Reisepass bei einem der ältesten Einwohner von Bori.16   . . .      

 

Prachiner Kreis                                                                                Werbebezirks Nr. 25.

N. G. 661

N. P. 30     

KÖNIGREICH BÖHMEN

Reisepass für

den Joseph Günthner

 

Gebürtig:                                    aus dem Seewiesen                                 

Ansässig:                                    K. Kreigeritz ?) Nr. 1                         

Zweck der Reise: durch Taglönerarbeit den Verdienst und Nahrung suchend.

Religion:                                     Katholisch                                                           

Stand:                                          verehelicht 
Mit deisem reiset auf gegen wärtigem Reisepass: dessen Eheweib Katharina, 38 Jahre alt (die eine untersetzte,  Statur hat Kastanienbraune Haare, graue Augen, glattes Gesicht, langlichte  stumpfe Nase, gew. Mund, dem Sohn Joseph 4 Jahre alt, Tochter Barbara 6 Jahre und Regina 1 Jahr alt.

Gewerbe oder Beschäftigung:    Taglöhner                                                

Alter:                                           34 Jahre                                         

Statur:                                         gross stark                                          

Gesicht:                                       läng. (voll blatternarbig)              

Augen:                                         hellbraun                                      

Mund:                                          etwas aufgeworfen                       

Nase:                                            proportioniert

Sonstige Kennzeichen:                Der rechte Zeigefinder bis zum 2ten Gliede abgehauen.17

Dessen eigenhändige Unterschrift: des Schreibens unkundig. Derselbe reiset von hier über Iglau und Olmütz nach Radautz in Bukowina. Dieser Reisepass ist gültig auf ein Jahr.

Alle löblichen Civil. und Militärbehörden werden dienstfreundlichst ersucht, den Inhaber dieses Passes nach obigen Bestimmungsort frei und ungehindert zu pass- und repassieren, und ihn nöthigen Falls allen Vorschub geneigtest angedeihen zu lassen, wobei man sich zu aller Gegenwillfährigkeit erbietet.

 L. S. Königl Waldiwozder (?) Oberrichteramtsiegel. Gesehen prachiner K. K. Kreisamt Pizek am 28 April 1835

  (Unleserlich)                                                                       Franz (unleserlich)

 

     Auch die Rückseite des Passes ist sehr interessant, weil sie uns genaue Auskunft über den Weg gibt, den die Auswanderer einhalten mussten, sowie über die Zeit, die sie für die Reise benötigten. Ich habe mit Ausnahme der Unterschrift des Bürgermsisters von Czernowitz (Lihotzky) die Namen nicht angeführt, weil ich sie nicht einwandfrei enträtseln konnte.

     Budweis am 8. Mai. Iglau am 11. Mai. Brünn am 14. Mai. Olmütz am 17.(Monat fehlt).Teschen am 19. 5. Wadowitz am 20. Mai. Bochnia am 23. Mai, Iarnow (fehlt die Bestätigung). Przemysl am 29. Mai. Sambor (fehlt die Bestätigung). Kolomija am 7. Juni. Czernowitz Nr. 1199. Gesehen K. Stadtmagistratamt Czernowitz am 19. Juni 1835. Lihotzky.

     Josef Günthner siedelte sich in Bori an, zuerst unter Nr. 132 von Gurahumora, dann als alle Kolonisten auf dreissig Parzellen verteilt wurden,18 unter Nr. 8. Von seinen Kindern kann ich auf Grund der Pfarrbücher von Gurahumora folgendes angeben. Regina Günthner (es findet sich die Scheibart Günther und Günthner) starb als Kind von 8 Jahren am 24. Dezember 1841. Am 14. Februar 1850 heiratete Barbara Günthner, 20 Jahre alt, den Johann Hoffmann, Sohn des Kolonisten Josef und der Barbara Mirwald, starb aber schon bald darauf; Johann Hoffmann war unter Nr. 125, später Nr. 1 angesiedelt. Der Eintragung im Traubuch entnehmen wir auch den Mädchennamen der Mutter des Joseph Günthner: Katharina Wiesenbauer.

     Der Sohn des Josef Günthner heiratete die Theresia Szafaczyk und hatte mit ihr mehrere Kinder. Am 8. Mai 1850 kam Maria zur Welt, die den Kolonisten Peter Wellisch heiratete, am 12. 10. 1851 Josef, der als Kolonist in Bori starb; am 2. Oktober 1853 wurde Johann Nepomuk geboren, der am selben Tage starb. Das nächste Kind, das am 17. 3. 1855 geboren wurde, bekam ebenfalls den Namen Johann Nepomuk. Am 26. 12. 1856 kam Stefan zur Welt, der nach Bosnien auswanderte und dort starb.19 Am 24. 2. 1859 wurde Peter geboren, der während seiner Militärdienstzeit starb, und am 3. Oktober 1860 Franz Salesius, der sich in Gurahumora ansiedelte und vor langer Zeit schon starb. Von all den Kindern lebt nur noch der im Jahre 1855 geborene Johann als Kolonist in Bori;  er ist der Verwahrer des obigen Reisepasses.

 

Das sind die Schicksale der auf Grund jenes Reisepasses eingewanderten Familie Günthner (bez. Günther). 

            V.

       Die röm. Katholiche Pfarre von Gurahumora gehört zu den ältesten des Landes; sie besitzt auch eine ausführliche Chronik, die vom Pfarrer Clemens Swoboda, der später nach Czernowitz berufen wurde, geschrieben worden ist. Ich werde siese Chronik an einer anderen Stelle veröffentlichen. Hier will ich ein Heft besprechen, das als Grundstock einer Chronik zu betrachten ist. Es führt den Titel: Historia Rerum Memorabilium anno 1819 incepta (Geschichte der Denkwürdigkeiten, begonnen im Jahre 1819). Die erste Seite beginnt mit den Worten Historia. De origine Capellaniae Gura Homorensis (Geschichte. Über den Ursprung der Pfarre in Gurahumora). . . .

     Die ersten 10 Seiten sind in lateinischer Sprache abgefasst; bis zur Seite fünf kam der Pfarrer Theodor Lazar, der zuerst in Suczawa als Cooperator wirkte und vom Jahre 1803 wiederholt nach Gurahumora fuhr, um die zeitweilig verwaiste Pfarre zu betreuen, bis er im Jahre 1815 am 1. Jänner zum Pfarrer ernannt wurde. Er scheint ein feiner bescheidener Mann gewesen zu sein. Und wir vergessen gerne sein unglaublich schlechtes Latein, wenn wir die erschütternden Worte lesen, die er über sich selbst geschrieben: „qui ditior et beatior esset mortuus, quam vivus est“ (der im Tode reicher und glücklicher sein möge als er es im Leben ist). Wieviel Tragik liegt in deisem Satze! Mit wieviel Schwierigkeiten hat wohl Pfarrer Theodor Lazar kämpfen müssen, bis ihn die kühle Erde umfing!

      

       1rumänisch=Boureni.

        2Conscriptionsnummer.

        3Scheune.

        4in der Hoffnung, dass es erfolgen wird.

         5Wo heute die Gemeinde Bori steht, befand sich vor der Ansiedlung durch die Deutschböhmen Urwald.

         6Florin = Gulden, altösterreichische Währungseinheit.

         7Convenionsmünze.

         81 Wiener Klafter = 189.65 cm.

         9Stimmt nicht; gegen Süden lag das Anwesen gegen das des Johann Haas, das später die Hausnummer 16 erhielt (das Haus des Johann Lang trug die Nummer 17), gegen Westen ist der Dorfweg, gegen Norden liegt das Anwesen des Christoph Maidl (Nr. 18), gegen Osten fliesst der Humorabach.

        10Das Dorfsiegel findet sich nicht vor.

        11Aus dem nächstfolgenden Gesuche erfahren wir, dass diese Gemeinde schon zwei Bittschriften verfasst hatte, die ich aber nicht gefunden habe.

        12Militärische Grenzschutzabteilungen, die von den betreffenden Gemeinden verpflegt werden mussten.

        13Die Kolonisten waren verpflichtet, alljährlich eine bestimmte Menge Holz zu schlagen und sie der Gutsherrschaft, d.i. in diesem Falle der Kameralherrschaft in Solka zur Verfügung zu stellen.

        14Als sich die Kolonisten von Pojana Mikuli, Bori und Schwarztal an den Leiter des Amtes in Solka mit der Bitte wandten, ihnen die Gründe in dauernden Besitz zu übergegen, wie es Seine Majestät der Kaiser ihnen versprochen hatte, und den Himmel als Zeugen für die Richtigkeit ihrer Worte anriefen, soll er ihnen folgenes erwidert haben: „Der Kaiser ist weit, der Himmel is hoch und hier bin ich Kaiser!“ – Diese Worte haben sich bis heute in der Erinnerung der Kolonisten erhalten und wurden mir von mehreren Seiten mitgeteilt.

        15Merkwürdigerweise beleidigen sich jetzt die nichtdeutschen Einwohner von Pojana Mikuli, wenn man sie Slowaken nennt; sie wollen nur Polen sein.

        16Ich erhielt ihn durch Vermittlung des dortigen Oberlehrers Herrn Horn.

        17In jener Zeit kam es oft vor, dass der rechte Zeigefinger verstümmelt war, weil so die jungen Leute nicht assentiert werden konnten (Abdrücken des Gewehrhahnes! Damit ist selbstverständlich noch nicht gesagt, dass auch im vorliegenden Falle eine Selbstverstümmelung vorlag.

       18Einige zogen es vor, in Gurahumora angesiedelt zu bleiben, namentlich Handwerker.

       19Mitteilung von Mathias Lang.

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